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Zur Geschichte des Reisens Als Heinrich
Schliemann in den 70 Jahren des vergangenen Jahrhunderts mit den - zunächst
belächelten - Ausgrabungen an den Städten des alten Troja begann,
stieß er auf Erstaunliches: In den tieferen Fundamenten fand er
Bernsteinketten aus Nordeuropa. Offensichtlich bestand also bereits vor
4000 Jahren ein Austausch zwischen den großen Zentren am Mittelmeer
und dem weit entfernten europäischen Binnenland. Bei näherem
Hinsehen erscheinen derartige Kontakte weniger überraschend, denn
Mobilität- bisweilen als Privileg der industriellen Wohlstandsgesellschaft
betrachtet - zählt zu den ältesten Verhaltensmustern der Menschheit.
Ja, sie hat maßgeblich zu deren Entwicklung beigetragen und steht
in der Kulturgeschichte lange vor der Sesshaftigkeit.
Dabei folgten sie offenbar bestimmten Routen. Häufig boten sich Flussläufe als natürliche und relativ einfache Handelswege an. Auch Soldaten und Staatsbeamte nutzten die bekannten Routen. Bedeutende Seefahrernationen wie die Ägypter oder die Phönizier im heutigen Israel und Libanon wurden reich und mächtig. Bereits um 600 v. Chr. haben phönizische Seefahrer den afrikanischen Kontinent umsegelt. Der wohl älteste, heute noch bestehende Reiseweg ist die Seidenstraße, die bereits Jahrhunderte - in Anfängen vermutlich sogar Jahrtausende - vor Beginn unserer Zeitrechnung China mit Indien und Westasien verband und bis zum Mittelmeer führte. Nicht von ungefähr schrieb der große schwedische Weltreisende und Asienforscher Sven Hedin über die Seidenstraße: ,,Ohne Übertreibung kann man sagen, dass diese Handelsstraße das längste und in kulturgeschichtlicher Hinsicht bedeutungsvollste Verbindungsglied zwischen Völkern und Erdteilen ist." Vom chinesischen Tiefland aus verlief die Strecke nördlich des tibetischen Hochlands. Vor dem lebensfeindlichen Tarimbecken in der heutigen Provinz Sinkiang teilte sie sich in eine Nord- und eine Südroute, die bei Kashgar wieder zusammentrafen. Auf der alten Karawanenstraße brachten Händler Seide, Jade, Porzellan, Gewürze und Papier gen Westen und ließen sich dafür mit Gold und anderen Edelmetallen entlohnen. Den Kaufleuten folgten Pilger, Soldaten, Abenteurer und Missionare. Buddhismus, Islam und Christentum kamen so ins Reich der Mitte. Die Gesamtlänge der Strecke beträgt über 10 000 Kilometer. Mit der selbstgewählten Isolation Chinas nach der Ausrufung der Volksrepublik 1949 verlor die Seidenstraße ihre Bedeutung als Verkehrsverbindung zwischen Ost und West. Seit 1986 deuten Anzeichen auf eine Liberalisierung im Grenzverkehr zwischen China und seinen westlichen Nachbarn, namentlich Pakistan, hin, die der historischen Route eine Renaissance bescheren könnte. Reisen in der Antike Zwischen
der alten Mobilität und der modernen Reisewelle besteht ein grundlegender
Unterschied. Die frühen Reisen entsprangen einem unmittelbaren materiellen
Interesse oder gar materieller Not, waren also Mittel zum Zweck. Die Ägypter
waren das erste Volk, das nachweisbar die Reise als Luxus, als interessanten
Zeitvertreib oder als Erholung kannte. Vermutlich blieben touristische
Reisen während der Blütezeit des ägyptischen Pharaonenreiches
ab 1500 v. Chr. nicht nur das Privileg einer kleinen Oberschicht, sondern
waren ein weit verbreitetes Vergnügen. Ziel waren vor allem die noch
älteren Pyramiden und sonstige Zeugen der altägyptischen Kultur
- Parallelen zur heutigen Reisepraxis drängen sich geradezu auf.
Die Griechen folgten der ägyptischen Tradition. Mit dem Aufstieg
Griechenlands in der Mitte des ersten vorchristlichen Jahrtausends tauchten
griechische Händler an den Mittelmeerküsten und im europäischen
Binnenland auf. Die Griechen verfügten damals bereits über eine
ausgeprägte Sagentradition mit reisenden Helden, in der die Gefahren,
aber auch die Faszination des Reisens deutlich werden. Homers "Odysseus"
ist sicherlich der berühmteste Reisende der frühgriechischen
Zeit.
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