Der dumpfe Stoß auf seinen Hinterkopf, lies Jeremiah O'Connor beinahe betäubt wieder zurück auf seinen Schreibtisch sinken. Der Schmerz, den die Neonlampe, die über seiner Arbeitsplatte hing, verursacht hatte, explodierte blitzartig in seinen Kopf. Er war wieder einmal über seiner Arbeit für den Unterricht eingeschlafen. An Tagen wie diesem fragte O'Connor sich, ob seine Entscheidung Lehrer zu werden wirklich richtig war. Er richtete sich vorsichtig wieder auf und schob die Neonlampe zur Seite, um sich nicht wieder den Kopf an ihr zu stoßen. Der Schalter der Lampe war umgelegt, doch sie brannte nicht. Wahrscheinlich war der Glühdraht die Nacht über wieder durchgebrannt. Wenn er weiterhin so einen Verbrauch an Glühbirnen hatte, sollte er sich langsam überlegen, ob er sich nicht besser einen Jahresvorrat besorgte. Sein Blick streifte seine Uhr. Viertel nach acht. Er fluchte. Der Unterricht hatte bereits begonnen. Er sprang auf und suchte in der Unordnung seines Zimmers seine Tasche. Er fand sie schließlich unter einem Berg von Geschichtsbüchern. Er riss die Tasche unter dem Stapel hervor und ließ die Bücher achtlos liegen. Er drehte sich zu seinem Schreibtisch um, auf dem ebenfalls keine Ordnung herrschte, und suchte in den durcheinander liegenden Blättern seine Unterlagen für den Lateinunterricht. Er stopfte sie in seine Tasche und verließ eilig den Raum. Wenigstens wohnte er hier im Internat und musste nicht erst noch hinfahren. O'Connor schmetterte die Tür hinter sich zu und war froh, dass diese stabiler war als seine Glühbirnen. Sonst hätte er bestimmt einen genauso großen Verschleiß an Türen wie an Glühbirnen. Er schloss die Tür ab und rannte ins Erdgeschoss zu den Unterrichtsräumen. Als er die Treppe hinunter eilte, stellte er fest, dass im Ostflügel irgendetwas im Gange war. Die Renovierungsarbeiten hätten eigentlich schon lange anlaufen müssen, dennoch war es still. Als er am unteren Ende der Treppe angelangt war, stellte er fest, dass der Ostflügel mit einer Sicherheitsleine abgesperrt war und mehrere Arbeiter sich davor aufgeregt unterhielten. Er trat näher und roch einen schwachen fauligen Geruch. Wie zu alt gewordenes Fleisch. "Das war ein wirklich grauenvoller Fund.", hörte er sich zwei Arbeiter unterhalten.
"Das stimmt.", erwiderte der Andere, "Wer erwartet schon bei Renovierungsarbeiten in einem Internat eine eingemauerte Leiche zu finden."
"Was?", schrie O'Connor. Die beiden Arbeiter wandten sich zu ihm um.
"Sie haben eine Leiche gefunden?", fragte er weiter. Die Farbe wich langsam aus seinem Gesicht. Könnte es sein, dass diese Leiche....
"Ja, haben wir.", antwortete einer der Arbeiter auf seine Frage, "Der Direktor spricht gerade mit dem Gerichtsmediziner wegen dieses Vorfalls." O'Connor nickte nur noch. Er war leichenblass.
"Müssten Sie nicht unterrichten?"
"Was?", fragte O'Connor. Er hatte nichts mitbekommen.
"Der Unterricht.", wiederholte der Arbeiter, "Es ist halb neun." O'Connor fluchte. Er hatte vergessen, dass er sich verspätet hatte. Er drehte sich um und rannte zu den Unterrichtsräumen.

Nina

 

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