Der Abschiedsbrief der Katharina Henot


Der Brief der Katharina Henot ist in einer Handschrift aus dem 18. Jahrhundert erhalten und befindet sich im Historischen Archiv der Stadt Köln unter der Signatur: Bestand 125 (KA = Kriminalakten) 138 fol. 1r-2r; 

Aussage der Katharina Henot vom 16. März 1627

Köln, 16. März 1627
Die Gnad Gottes seie mit uns allen, Amen. Gestern seint alle die Scheffen hie gewesen, haben mich den Morgen und den Nachmittag viell seltzsame Sachen sonder Peinigen abgefragt, die - Gott Lob - gelogen seint. Vorehrst hette ich Wallraff bezaubert, daß er daruber gestorben. Da last alßbalt seinen Doctor hollen. Der soll Zeugnus geben, daß, ehr wir ihnen gekant, ein fluissiger, schwacher Herr gewesen, und ist doch am Fleckesfieber oder Pest gestorben. Zum zwetten hette ich Pastor Lucas Weyendall auch blindt und todt gezaubert. Seint diß nit große Lugen? Der Pastor Lucas hat mir geklagt, daß er den Flueß uf die Augen zu Worringen hette bekommen, alß er vom Capittell dahin geschickt, daß Weehrt zu Worringen zu paßen. Dah hette er in der Kelte und den Bauren zugesehen mit paßen. Davon hat er mir allezeit geklagt. Doch bin ich nit bey ihme gewest. Und das hatte ich auch bey ihme wollen schlaffen - er hat mir der Zeit noch die Beichtt allemahl gehyrt - ist erlogen. Zum dritten hette ich den welschen Doctor zu den Predigeren auch todt gezaubert. Als er von den Claren kommen wehre, hette ich ihme ein Schnaupfduich geben. Damit hette ich ihnen bezaubert. Ach Gott, was großer Lugen ist diß. 

Es ist wahr, daß ich ihme und seinem Mitgsellen ein Schnaupfduich in meinem Hauß voir den Predigern gegeben. Da quam er langs mein Hauß. Dabevorn wahr der Subprior mit Herr Georgius Neeff bey mir gewest und sagte mir, der Welsche Doctor wehre zu Claren zum Visitator verordnet, mit andern Herrn, und wehr dah gewest und hette Suster Margrett visitirt und hette den Mittag dah geßen und wehre ihnen dann so ubell word[en] und hette ein groß Geschwer anstundt ans Hinters bekomen.Als ich diß hort, daß er zue Claren wahr gewest, und sahe ihnen langs mein Hauß komen, rieff ich ihnen herin und fragte ihnen - da hatte er die Kranckheit als - wie es mit meiner Suster wehr abgangen. Da sagt er, er hette sie nit konnen verstehen; man hett es im al musen zu Latin sagen. So kont er mir nit davon sagen. Er hett die andere lasen gewerden. Damit scheiden wir von ein ander. Nun müst ihr nit lasen und schicken den Subprier ein Pott und fragen in, ob er nit zu mir gesagt, das der Doctor von dem Esen zu Claren wehr so kranck worden. In Eweren Hauß unden im Saal hat er es mir gesagt. Schickt den Prier mit dem Subprier Bott, in Eil; die Scheffen wollen sey auch apfragen. Ach mein Gott, wie beligen mich die Menschen und böse feindt. Zum vierden hatt der Welffer Halffman gesagt, ich hette sein Kindt, so er mit der ersten Frawen gehabt, auch dott gezaubert. Das ist auch gelogen. Schickt im in Eil Bott und nembt Zeugnuß von ihm. Zudem fragten sey mich, ob ich nit den Zanck und Hader zwischen dem Capittel St. Andrea und dem Halffman zu Welffen gemacht. Da sagt, ich weis von keinem Zanck. Ich hette dem Capitel uber 1500 Morgen Landts bey brächt, - Derhalben mach mir der Halffman nit gunstig sein - welches ich mit den Bücheren wil beweisen. So müst ihr nit lasen und schicken ein der versigelter Bücher, da die Scheffen von Dormagen ihr Siegel ahn haben gehangen, mit Züge ins Gericht. Darauß kunen sey sehn, ob ich dem Capittel St. Andrea Schaden oder Nutzen gedahn hab. Zum funften hette ich des Schulmeisters Fraw zu St. Severin, als sy in die Probstey gewohnet, ein Drunck Wein geschenk.


Überlieferungsgeschichte
(Wir danken an dieser Stelle recht herzlich für die freundliche Unterstützung durch dieMitarbeiter des Historischen Archivs der Stadt Köln)

Hette drey oder vier Monat ein Kindt gedragen. Sobalt als sey den Drunck gedruncken, were sy in den Kram komen und hett ein dot Kindt auff die Welt bracht. Das ist auch gelogen, wie Johannes weis. Der hat mit ihr geweht, das sey ein Sohn drage, und sey ist darnach alsbaldt glücklich in den Kram komen. Da hat der Meister gesagt, ich hett die Probstey eins so voll Ruppen gezaubert, das sey den Garden verdorben, und die Rupe wehren als die Wendt und zum Schorestein herauff gekrochen. Zum dritten hat der Meister gesagt, ich hett ein Zweig mit zwey Zacken von einem Appelbaum geschniden, hette das dem Meister in die Handt geben und het im geweist, wie er damit verborgen Schatzs solt finden. Ob diß nit Zuberwerck were? Darauff ich geantwordt, das hette ich nit gedahn, sonder Johannes hette so in Geckerey mit dem Schulmeister gehabt. Wo oder von wehm diß Jannes das erstmal mit dem Appelzweig gesehn oder gelehrt, mach er sich bedencken und mich verdedigen. Cito, cito, cito mit allem Beweis. Die Madalin hat gesagt, das ich bey ihr wer gewest mit etliche statliche, vernommet, und hette sey gekratzt und hette sey willen zwinge zur Widerruff, hette die böse Geister ihr auch eingegeben; sey solt alles von mir, so sey gesagt, widerruffen. Ich bin nit bey ihr noch beim bosen Geist gewest. Ist alles erlogen. Und ich solt bey underscheitliche Graffen geboliert haben, daß etliche grose Heren, so daß gezugt, gesehn und bey den Graffen im Bet fonden. Ach was falscher Lügen. Es stündt den Scheffen vil zu beweisen, wan sey alles, was sey mir vorgehalten, dardhon solten. Also hab ich in allem, allem die Warheit, bey meiner Sehlen Heill, darauff bekendt, da ich bey leben und sterben will, ist Got lob alles gelogen, so sey von mir boß gezeugt. Schick mir den Doctor her, ich bin sehr kranck. Zuletzt, als die Scheffen ein Weg wolten gehn, so heilten sey erst Ratt in einer ander Kamer und kamen da bey mich al wider und lasen mir durch den Griffen anzeigen, sey wolten mit der Justitia fortfaren, ob ich schon nit bekennen wolten. Da batt ich sey, sey solten mich auff Bürschafft los laßen. Darauff wolten sey mir kein Antwordt geben. Ich bin dreymal vor sey auff die Knie gefallen und sey gebetten, damit ich die grobe Lügen selber mochtte verdedigen. Diß seyndt die grobste Punckten, ihr most sehe wie ihr magt, das es von mir nit herkumpt und helffe mich vertedigen. Ach wehr ich darauß. Ich wolt sey bald verdedigt haben. Von Anna Maria und Margrit Zugenus haben sey mir auch vergehalten. Da fragte sey,ob ich es Concept gemacht. Da sagt ich, nein, das het ich auff Franckenthorn lasen machen. Vom Creutzs haben sey mir al wider vorgehalten und andere Sachgen mehr. Romerswinckel fürdt gar spotlich herauß: sehet, Her Camp hat die Hollers loß begert und wolt die vor sein Dochter halten, und Pater Claß Margrett; sehet, wie ist inen das geluick. Halt ahn, das wir uns moge verdedigen, damit ich nit undschuldig umb kom. Bit her Kamp, das er helfft. Hiemit Got befollen. In Eil. Coln in des Griffe Gefengnus, 16. Mertz 1627.


Vorlage:
HAK, Bestand "Verfassung und Verwaltung" G 187* (Photographie der ursprünglichen Vorlage GStF U 100). Diese Quelle ist schon in der Dissertation von Friedrich Siebel abgedruckt worden. Die hier wiedergegebene Fassung folgt in der Regel der häufig zitierten Transkription von Siebel.

Quelle: Becker, Thomas P.: Hexenwahn: Der Abschiedsbrief der Katharina Henot, 16. März 1627. In: Deeters, J. / Helmrath, J. (Hrsg.): Quellen zur Geschichte der Stadt Köln, Bd. II. (1306-1794), Köln 1996, S. 223-225.

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